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Bücher
PopMusicology – Perspektiven der Popmusikwissenschaft (2008)
von Christian Bielefeldt, Udo Dahmen und Rolf Großmann (Hg.)
Die gesellschaftliche und ästhetische Relevanz populärer Musik stand lange in deutlichem Missverhältnis zu ihrer mangelnden akademischen Akzeptanz. Das Anliegen, sich der überholten Festlegung auf die kanonisierten ‚Meisterwerke‘ westeuropäischer Kunstmusik zu entledigen, wirft daher noch immer eine Reihe ungeklärter Grundfragen auf. Dieser Band stellt Lösungsansätze vor, die neben musikwissenschaftlichen auch medien- sowie kulturtheoretische Perspektiven einbeziehen. Paradigmen der Pop-Geschichtsschreibung werden dabei ebenso verhandelt wie Modelle musikwissenschaftlicher Pop-Analyse sowie Interdependenzen zwischen Popmusik und Wirtschaft.
Grooveboxen im Techno-Liveact (2007)
von Harm Bremer
Grooveboxen waren bisher allenfalls in Musikmagazinen – meist als Kaufberatung für die interessierte Szene – Gegenstand genauerer Betrachtung. Die vorliegende Arbeit zeigt die technikkulturelle Traditionslinie dieser Instrumentengattung auf und untersucht das stilprägende Gerätekonzept der Grooveboxen. Was macht die Geräte insbesondere für Techno-Künstler interessant; welche Stilmittel werden durch den Einsatz von Grooveboxen im Produktionsprozess gefördert?
Erstmals und bislang einzigartig wird ein Überblick über die bislang gebauten Typen und ihre spezifischen Features, Performance-Optionen und Funktionen geboten, der für weiterführende instrumentaltechnologische, musikästhetische und soziokulturelle Fragestellungen eine kompetente und umfassende Grundlage und zugleich eine ergiebige Materialsammlung abgeben dürfte.
Soundchip-Musik (2007)
von Nils Dittbrenner
Soundchips waren bis Mitte der 1990er Jahre die einzige Möglichkeit, in 8- und 16-Bit-Umgebungen ressourcenschonend Klang zu erzeugen. Aus diesem Grund wurden sie vielfach in Computerspielsystemen und PC-Soundkarten verbaut, obwohl technisch bedingte Grenzen der Klangqualität und musikalischen Flexibilität nicht zu überhören sind. Der Autor beschreibt die technischen Details der bedeutendsten Soundchips, analysiert die programmiertechnischen erausforderungen
und diskutiert die allgemeinen Paradigmen der Benutzung von Musik in Computerspielen. Exemplarisch stellt er das wechselseitige Verhältnis von Komposition und Programmierung bzw. Musik und Code dar und gibt darüber hinaus mit zahlreichen Klangbeispielen auf der beiliegenden CD-ROM einen einzigartigen Einblick in diese Musikkultur, deren prägnante Ästhetik bis heute in speziellen Genres populärer Musik aufgegriffen wird: Let it Beep!
Mehr zum Thema schreibt Nils Dittbrenner im damaligen Produkt des Monats.
Musik im öffentlichen Raum (2005)
von Jörg Klußmann
Der öffentliche Raum und die Musik: In der vorliegenden Untersuchung wird dieses Thema einmal nicht aus der Perspektive von Klangkunst und künstlerischen Klangräumen verhandelt, sondern im interdisziplinären Bereich der angewandten Kulturwissenschaften.
Im Zentrum der Untersuchung steht die Beschallung des Hamburger Hauptbahnhofs mit »klassischer« Musik, ein Phänomen, das als Politikum zwischen »Begrüßung der Fahrgäste« und »Vertreibung unerwünschter Randgruppen« Aufsehen erregte. Vor dem Hintergrund einer präzisen und sachbezogenen Analyse dieses Beispiels führt der Autor einen Diskurs zur ästhetischen Erfahrung funktionalisierter Musik, dessen Kernaussagen über den Einzelfall hinaus für soziokulturelle Diskussionen von Bedeutung sind.
Handymusik (2004)
von Frauke Behrendt
Abseits der kommerziellen Vermarktung von Klingeltönen ist mit Experimenten und Werken der Handymusik ein eigenes ästhetisches Feld entstanden. In welchem Umfang findet das Handy bereits als Instrument Verwendung und in welcher Form wird es in der Klangkunst eingesetzt? Den Kern der vorliegenden Studie bilden fünf Werkbeschreibungen von Handymusik. Zu jedem Werk wird der technische Aufbau beschrieben sowie das musikalische Material vorgestellt und im musikalischen Kontext verortet. In einer übergreifenden Sicht werden – neben Exkursen zu musikhistorisch relevanten Vorgängern der Handymusik – auch die dort jeweils thematisierten Veränderungen der Alltagskultur wie etwa die Aufweichung vertrauter Grenzen zwischen öffentlichen und privaten Räumen diskutiert. Diese erste Annäherung an eine neue ästhetische Praxis der »mobile devices« versucht, den bisher wenig erforschten Untersuchungsgegenstand Handymusik zu systematisieren, Verbindungen mit neueren Strömungen im Kunst- und Musikbereich aufzuzeigen sowie die gesellschaftlichen Aspekte herauszuarbeiten.
Medium und Form: Musik in den (Re-)Produktionsmedien (2002)
von Thorsten Klages
„Die Rede von medialen Veränderungen unserer Umwelt und Lebensweisen ist inzwischen so allgegenwärtig geworden, daß manchmal in Vergessenheit gerät, welche weiten Felder kultureller Produktion gerade in dieser Hinsicht noch weiße Flecken auf der Landkarte des Wissens sind: Immer noch liegen kaum umfassende und theoretisch fruchtbare Ansätze zur Medialisierung und Mediatisierung der Musik im 20. Jahrhundert vor.“
Ex-Projektmitarbeiter Thorsten Klages schafft mit seiner endlich veröffentlichten Publikation Abhilfe: Medienmusik und Luhmann geben sich die Klinke in die Hand und werfen ein Licht auf die produktiven Instanzen der Reproduktionsmedien. Dieses Buch ist auch online zum Reinstöbern und Bestellen verfügbar. Weitere Informationen gibt es in unserem Text zum Produkt des Monats.
Ausgewählte Abschlussarbeiten
Qualitativ gute Abschlussarbeiten sind – oft unterschätzte – Forschungsressourcen. Wir stellen hier ausgewählte Arbeiten als Open-Source-Quellen für die weitere thematische Arbeit zur Verfügung. Für die Abschlussarbeiten gelten sinngemäß die Regelungen der Creative Commons Lizenz 4.0 (CC BY-NC-ND 4.0). Nicht gekennzeichnete Zitate oder Plagiate werden sowohl urheberrechtlich als auch prüfungsrechtlich verfolgt.
Spotify vs. Bandcamp.
Die Plattformisierung von Musikkultur. (2022)
von David Regner
“Wurde Musik-Streaming anfangs noch als eine „Rettung der Musikindustrie“ gefeiert […], häufen sich mittlerweile Bedenken bezüglich der Zentralisierung, Monopolisierung und Kontrolle von Strukturen, die mit dem Aufstieg von Plattformen einhergehen. Plattformen werden damit zu dynamischen Untersuchungsgegenständen, die zwischen Offenheit und Kontrolle changieren, Widersprüche in sich vereinen und kulturelle Güter auf komplexe Art und Weise verändern.
[…] Die vorliegende Arbeit richtet die Perspektive auf die spezifischen Prozesse, die den Umgang von Spotify und Bandcamp mit Musikkultur kennzeichnen, vergleicht diese Prozesse und setzt sie in Zusammenhang zu Entwicklungen im Bereich der Musikkultur, der Plattformisierung weiterer kultureller Güter sowie aktuellen Entwicklungen des Kapitalismus.“
Doing City by Sound.
Zur klanglichen Produktion kleinstädtischer Alltäglichkeit (2022)
von Lisa Noel
“Die Arbeit untersucht, wie in Lüchow städtische Alltäglichkeit durch Bewohner*innen, Akteur*innen, Repräsentationsmechanismen und -praktiken sowie die baulich materielle Beschaffenheit hervorgebracht wird. Dabei steht Lüchow weder den umliegenden Städten und Ortschaften vergleichsweise gegenüber, sondern es soll nachvollziehbar werden, wie Distinktionsmechanismen, lokalspezifische Ordnungen und Raumaneignungen jeweils und miteinander verschränkt in alltäglichen Praktiken städtisches Leben hervorbringen. Insbesondere wird dabei untersucht, wie Sounds an der (sozialen) Aushandlung städtischen Raums beteiligt sind, indem sie ihn sinnlich erfahrbar machen und repräsentativ für das In der Stadt-Sein wirken.“
Tracking Capitalist Realism.
Material und Theorie in Mark Fishers Sonic Fiction(s) (2021)
von Jakob Wössner
“«The Slow Cancellation of the Future» … Dieser Satz steht zu Beginn von Mark Fishers Ghosts Of My Life unheilschwanger auf der ersten Seite. Die gesellschaftskritischen Beobachtungen in dieser und anderen Textsammlungen des britischen Autors und Kulturwissenschaftlers werden aktuell in popkulturellen Zusammenhängen immer populärer, sei es nun bei Youtube, Reddit oder auf Instagram in Form referenzieller Memes. Allerdings werden Fishers Kommentare zur geistigen Gegenwart meist nur auf ihren politischen Inhalt geprüft. Dabei sind es im Kern, neben philosophischen und kulturwissenschaftlichen Text, vor allem popkulturelle Artefakte, die seine Ideen untermauern und sich als Form materialisieren. Aus Popmusik, Literatur und Film gewinnt Mark Fisher seine Anstöße und baut sie zu komplexen Argumentationen aus. Warum also nicht genau dieses Material genauer betrachten?
Diese Arbeit fokussiert sich auf das phonographische Material und die ästhetischen Strategien im Fokus Fishers. Sie versucht aus Perspektive der Sound Studies zu erarbeiten, wie Theorie und Material bei Fisher verbunden werden. Tracking Capitalist Realism bedeutet nicht nur die Suche nach seinen ausformulierten Positionen zu gehen, sondern auch die Tracks zu hören, sie zu erfahren und Mark Fishers Deutungen nachzuempfinden – der Titel beschreibt die Suche nach seiner Sonic Fiction.“
Nicht im Spotlight, Nicht auf der Bühne – Die Konstruktion des Habitus von Frauen in den technischen Berufen der Musikindustrie (2019)
von Annika Hachmeister
Die Berufsgruppen Ton-, Licht- und Veranstaltungstechnik stehen in der Musikforschung nicht im Fokus – und noch viel weniger die Frauen, die in diesen Berufen arbeiten. Daraus entstehen ein Marginalitätsnarrativ und Überschriften wie „There Are So Few Women In Music Production, No One Bothers To Count“ (Huffington Post, 2016). Derlei Aussagen und mediale Darstellungen führen dazu, dass alltägliche Erfahrungen, berufliche Aspirationen sowie Erfolge und Niederlagen der Frauen in diesen Berufsgruppen unsichtbar bleiben und der hegemoniale Mythos eines Männerberufs weiter existiert. Aufgrund einer Naturalisierung von Frauen und ihren Körpern besteht eine gesellschaftliche Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung und der Wirklichkeit weiblichen Könnens in technischen Berufen.
Annika Hachmeister nimmt sich dieser Thematik an und kann durch Expert*inneninterviews einen Einblick in das Selbstverständnis und die Selbsterfahrung von Frauen aus dieser Berufsgruppe geben. Unter Rückgriff auf das Habituskonzept nach Bourdieu ist es ein wichtiges Ziel der Arbeit, den Alltag der befragten Frauen auf ökonomische Faktoren, soziale Interaktionen und auch auf Machterfahrung zu untersuchen und zu verstehen.
Funktionale Klänge im Straßenverkehr – die synthetische Klangerzeugung beim Elektroauto (2019)
von Jan-Alexander Krause
Vollelektrische Fahrzeuge sind nicht länger Nischenprodukte. Viele bekannte Hersteller aus der Automobilindustrie präsentieren derzeit erste Modelle und Serien von Elektroautos als Alternative zum Fahrzeug mit konventionellen Verbrennungsmotor. „Doch Elektromotoren haben die Eigenschaft leise zu sein. So leise, dass sie in vielen Situationen überhört werden können und somit eine Unfallgefahr darstellen. […] Eine EU Verordnung, welche im Juli 2019 in Kraft getreten ist, löst das Problem der Stille bei Elektroautos mit einem Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS). Dieses System erzeugt einen künstlichen Motorenklang, damit das Fahrzeug für andere Verkehrsteilnehmer akustisch wahrnehmbar ist. Die Entwicklung und Gestaltung dieses Außensounds hinsichtlich der Vorgaben der EU ist Aufgabe und Herausforderung der Industrie.“
Die vorliegende Arbeit untersucht, „mit welcher Strategie die Hersteller die Aufgabe umsetzen, einen synthetischen Klang für ein Auto zu entwerfen. Dabei ist zu beleuchten, welche neuen akustischen Eigenschaften der künstliche Klang aus dem Lautsprecher aufweist und inwiefern sich die Charakteristika des gewöhnlichen Verbrennungsmotors auch im synthetischen Klang äußern. Fraglich ist zudem, ob es einen Interessenkonflikt zwischen den präformierten EU Spezifikationen einerseits und den Klangkonzepten der Hersteller andererseits gibt. Darüber hinaus soll prognostiziert werden, wie sich das urbane Soundscape der Zukunft anhören könnte, wenn die Elektroautos in der Überzahl sind.“
Awesome Tapes From Africa.
Eine postkoloniale TRX-Analyse des Reissues von Ata Kaks „Obaa Sima“. (2019)
von Frieder Behrens
„‚Tolle Kassetten aus Afrika‘ – unter dieser Betitelung wird das 2015 neu veröffentlichte Album ‚Obaa Sima‘ verbreitet, das der gebürtige Ghanaer Yaw Atta-Owusu aka. Ata Kak 1994 in Kanada produzierte. Das von dem Blog und Musiklabel ‚Awesome Tapes From Africa‘ herausgebrachte Reissue katapultierte Ata Kak auf die europäischen Festivalbühnen und Obaa Sima in die Plattentaschen vieler DJs. Dabei blieb die Musik nach ihrer Produktion und erstmaligen Veröffentlichung zunächst jahrelang unbeachtet. Dies änderte sich jedoch abrupt, als 2006 der Student für Musikethnologie Brian Shimkovitz die von einer Kassette digitalisierten Aufnahmen von Obaa Sima auf seinem Blog ‚Awesome Tapes From Africa‘ hochlud. Im Internet entwickelte sich ein Hype.
Das Projekt von Brian Shimkovitz reiht sich aus der subjektiven Perspektive des Verfassers in einen Trend ein, der sich in einem wachsenden Interesse an Musik aus ehemals kolonisierten Ländern ausdrückt. Unter Namen wie ‚Analog Africa‘, ‚Sahel Sounds‘, ‚Mr. Bongo‘ oder ‚Habibi Funk‘, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, veröffentlichen Europäer oder Amerikaner alte Musik von überwiegend afrikanischen Künstlern. Es ist naheliegend, dass dies postkoloniale Fragen aufwirft. In diesem Sinne soll auch die Relevanz dieser Arbeit verstanden werden, indem das Phänomen exemplarisch anhand Ata Kak und Awesome Tapes From Africa kritisch diskutiert wird.
Die ganze Welt der Musik?
Kuratierte Playlists als Zugang zu Musik bei Streamingdiensten. (2019)
von Matthias Lund
„Da das Musikangebot innerhalb der Streamingdienste für die oder den Einzelnen nicht mehr zu überschauen ist, werden Filtermechanismen notwendig. Die Bedingungen ihrer Gestaltung bleibt den Hörerinnen jedoch nahezu verborgen: Ob ein Algorithmus oder menschliche Kuratorinnen die Musikauswahl zu verantworten haben, ob ökonomische oder kulturelle Entscheidungen hinter der ausgewählten (und der dadurch ausgeschlossenen) Musik stehen, ist in der alltäglichen Nutzung kaum erkenntlich und tritt hinter die grafischen Titellisten der Playlists zurück. … Um Playlists spannt sich folglich ein Feld zwischen Notwendigkeit des Kuratierens im Sinne der Nutzbarkeit und kryptischer Black Box jener Faktoren, die ebendieses Angebot gestalten, auf.
(Un-)Mapping Music.
Die Kartierung populärer Musik zwischen EthnoLogik und Algorithmik (2018)
von Lukas Iden
„Die Anordnung der Genres, wie sie auf der Genrekarte Every Noise At Once und somit ebenfalls bei dem Streaming-Dienst Spotify vollzogen wird, soll daraufhin untersucht werden, wie sie topophile Muster reproduziert oder aufbricht. Im Vergleich zu der musikethnologischen Ordnung soll ersichtlich werden, zu welchem Grad Musik in digitalen Netzen anders strukturiert ist und vor allem, wie diese potentiellen Neu- und Anders-Ordnungen sich auf die Topophilie der Agenten*innen populärer Musik und damit verbundene postkoloniale Strukturen und kulturelle Essentialismen in der Musik auswirken. Besitzen diese Umstrukturierungen gar das Potential, die Musik zu dekolonisieren oder handelt es sich um die Reproduktion eines festgefahrenen eurozentristischen Blicks auf Musik?“
Sound als Materialkategorie – Diskurs und exemplarische Analyse (2014)
von Lucas Gloe
“Wie Martin Büsser feststellt, sind es, zumindest im deutschsprachigen Raum, vor allem die kritischen Äußerungen Theodor W. Adornos zur populären Musik gewesen, die dieser bis heute in den Musikwissenschaften den Status einer ernstzunehmenden Musik versagen. Der Stillstand des kompositorischen Materials, also der vom Komponisten verwendeten Mittel, sowie die kulturindustrielle Verwertung sind für Adorno die zentralen Kritikpunkte an der von ihm sogenannten „popularmusic“. […] Dabei bietet sich ironischerweise gerade Adornos Materialbegriff als erweitertes und offen definiertes Theoriekonzept an, um Prozesse der Pop- bzw. Medienmusik besser verstehen zu können. In Adornos Ästhetische Theorie entscheidet der historisch, dynamisch und in Korrelation zur Gesellschaft sich entwickelnde Materialstand über die „Wahrheit“ und „Falschheit“ kompositorischer Maßnahmen. Einige dieser Charakteristika des Materialbegriffs lassen sich, bereits bei oberflächlicher Betrachtung, auch in der Entwicklung des Sounds und der Produktionspraktiken der Pop- bzw. Medienmusik erkennen. So lassen sich auch hier historische Stände rekonstruieren und eine dynamische Weiterentwicklung feststellen.
So stelle ich in dieser Arbeit die Frage, ob Sound als Kategorie in einen erweiterten Materialbegriff eingebracht werden kann. Des Weiteren möchte ich überprüfen, ob die Entwicklung der Produktionspraktiken der Pop- bzw. Medienmusik ähnliche Charakteristika aufweist wie die Entwicklung des Materials bei Adorno. Sollte sich Sound als Kategorie in einen erweiterten Materialkanon einfügen lasen, wäre es möglich, diesen umgeformten Materialbegriff auch zurAnalyse von musikalischen Artefakten zu verwenden, die anderenfalls außerhalb des Spektrums der Musikwissenschaften liegen würden.“
Das Do-It-Yourself-Prinzip in der populären Musikkultur. Bedeutung und Potentiale einer Praxis alternativer Kulturproduktion „von unten“ (2014)
von Frieder Dähnhardt
„Do-It-Yourself (kurz: DIY) – soviel lässt eine erste Recherche zum Thema schnell deutlich werden – ist im Trend. Einst untrennbar mit der Heimwerker-Kultur verbunden, mit der die Meisten den Begriff wahrscheinlich auch heute nach wie vor als erstes intuitiv assoziieren, wird das Selbermachen gegenwärtig in unterschiedlichen gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen als relevantes Thema entdeckt und dabei offensichtlich auch zunehmend als ökonomisch ernst zu nehmender Faktor eingeschätzt. In einer Studie der Consulting-Firma „Zukunftsinstitut“ mit dem Titel „100 Top Trends – Die wichtigsten ‚Driving-Forces’ für den kommenden Wandel“, die nach eigenem Bekunden im Bereich der „Trend- und Zukunftsforschung“ tätig ist und das „Wissen für die Wirtschaft von morgen“ – also kommende Trends und drohende Herausforderungen – bereithält und Unternehmen bei der strategischen Markt-Positionierung berät, wird das Do-It-Yourself Prinzip unter der Rubrik „Design, Ästhetik, Lifestyle“ geführt.“
Uprooted: Jungle als kultureller Musik-Hybrid im Black Atlantic (2013)
von Lea Gugger
„Jungle ist ein Genre, das in den frühen 1990er Jahren in Großbritannien entsteht und sich aus musikalischen Elementen unterschiedlicher Ursprünge zusammensetzt. Einflüsse aus dem amerikanischen Hip Hop sowie dem jamaikanischen Reggae- und Dub sind darin ebenso zu finden wie westafrikanische Polyrhythmen und Ästhetiken der House- und Techno-Kultur.
Die verschiedenen musikalischen und kulturellen Bestandteile machen Jungle zu dem, was in dieser Arbeit als kultureller Musikhybrid verstanden werden soll. Die Beschäftigung mit hybriden Musikkulturen spielt eine zentrale Rolle in der Theorie des „Black Atlantic“, die der britische Soziologe Paul Gilroy entwirft. Gilroy entwickelt die Idee einer globalen, schwarzen Kultur, deren Ursprung in der afrikanischen Diaspora liegt. Indem Sklaven verschleppt, ihrer Identitäten beraubt und kulturell entwurzelt wurden, bildeten sich laut Gilroy diverse kulturelle Hybride, die sich von territorialen Zuordnungen lösten. Das transnationale Kulturverständnis des Black Atlantic steht somit der Auffassung einer national verwurzelten Kulturtradition entgegen.“
Dub it up – Soundtechniken und -strategien im Dub-Reggae (2013)
von Julian Klosik
„Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Soundtechniken und -strategien des jamaikanischen Dub-Reggae. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, welche die grundsätzlichen soundmanipulativen Gestaltungstechniken und ästhetischen Strategien im Dub-Reggae sind bzw. welche ästhetischen Strategien der Soundmanipulation die frühen Dub-Reggae-Engineers verwenden.
Insbesondere in Bezug auf den aktuellen Diskurs um die sogenannte Remix-Kultur, ist es m.E. interessant und notwendig, die Ursprünge des Remix zu ergründen, die in nicht unwesentlichen Anteilen in eben diesen Gestaltungstechniken des frühen Dub-Reggae liegen. Auch die These, dass Popmusik in erster Linie Soundmusik sei, ist im Hinblick auf Dub-Reggae besonders relevant, da er sich durch seine soundsensitiven Gestaltungsstrategien, wie zu zeigen sein wird, als besondere Form der Soundmusik auszeichnet.“
Zur Ästhetik und Geschichte der Popmusik. Der Materialbegriff Theodor W. Adornos als kritische Annäherung (2012)
von Robin Becker
„Eine kritische Musikphilosophie der Popmusik bedarf […] einer Revision der Kritik Adornos, die […] notwendig ‚mit Adorno über Adorno hinaus‘ weisen muss. Vor diesem Hintergrund soll die kritische Annäherung an die Ästhetik und Geschichte der Popmusik durch den Materialbegriff Adornos weniger die in seinen Schriften enthaltene Kritik am Umgang mit dem musikalischen Material in der populären Musik einbeziehen, sondern jenen Materialbegriff fokussieren, den Adorno im Zusammenhang mit der europäischen Kunstmusik entfaltet.“
Mikrorhythmus in der digitalen Musikproduktion (2012)
von Christian Cvachovec
„Mit der Verbreitung digitaler Produktionsmittel wie Sequenzer-programmen und digitalen Drum-Machines, erhielten im Laufe der 80er Jahre, Geräte Einzug in den Musikproduktionsprozess, die mikrorhythmische Aspekte schon allein durch ihre technische Anlage mit sich brachten. Die Weiterentwicklung dieser Technologien hin zur immer feineren zeitlichen Rasterung der einzelnen Takte, führte bis heute zwar noch nicht zu einer absolut stufenlosen Editiermöglichkeit der zeitlichen Struktur, vermittelt aber unter den Anwendern in Produktion und Live-Performances den Eindruck fast uneingeschränkter zeitlicher Flexibilität und rhythmischer Freiheit.“
Neues Publikum für zeitgenössische Musik: Festivalkultur im Wandel am Beispiel der Donaueschinger Musiktage (2011)
von Carla Franziska Linke
„„Neue Musik 2009: Angekommen beim Publikum“ betitelt der Musikwissenschaftler Stefan Fricke einen programmatischen Artikel zur Situation der zeitgenössischen Musik in Deutschland, den das Goethe-Institut auf seiner Homepage publiziert, und steht damit stellvertretend für eine sich wandelnde Wahrnehmung von zeitgenössischer Musik und ihrer Veranstaltungskultur. Frickes Aussage, so prägnant sie auf den ersten Blick eine Tatsache zu benennen scheint, enthält auf den zweiten Blick einen klaren Hinweis darauf, dass es Zeiten gegeben haben muss, in denen das anders war – in denen, um es überspitzt zu sagen, die Gesellschaft und die zeitgenössische Musik gut ohne einander auskamen. Und in der Tat war, wie sich zeigen wird, das gegenseitige Verhältnis lange Zeit auf beiden Seiten von kaum überwindlichen und teils gut begründeten Abwehrhaltungen und habitueller Ignoranz geprägt.“
Elastic Audio. Die digitale Manipulation von Tonhöhen- und Zeitstrukturen (2009)
von Philip von Beesten
„Musik beruht auf dem Bestreben des Menschen, Schallereignisse nach seinen Vorstellungen zu formen. Dies führte zur Entwicklung von virtuosen Gesangs- und Spieltechniken und zur immer weiter verfeinerten Konstruktion verschiedenster Musikinstrumente. Mit der Entwicklung von Verfahren zur Konservierung und Wiedergabe von Schall wurde es erstmals möglich, auch nach dem Moment ihrer Entstehung in die Struktur von Klängen einzugreifen. Diese Möglichkeit wurde von Musikschaffenden umgehend intensiv genutzt und häufig bis an die Grenzen des technisch Machbaren ausgelotet. Dabei wurden die Verfahren nicht selten abweichend von ihrem ursprünglichen Einsatzzweck verwendet oder auch modifiziert. Durch die fortschreitenden technischen Entwicklungen erweiterten sich der Umfang und die Präzision der Manipulierbarkeit von Klängen stetig. Mit den zunehmenden Möglichkeiten der Audiobearbeitung wuchs ihre Bedeutung im musikalischen Schaffensprozess. Heute ist die technische Manipulation von Audiomaterial aus der Musikproduktion nicht mehr wegzudenken.“
Digital DJing. Medienwandel und DJ-Culture. (2008)
von Florian Wendlandt
„Während die Vinylschallplatte pünktlich zum 60-jährigen Jubiläum neue Lebenszeichen aussendet, ist die Digitalisierung in der übrigen Musikwelt allgegenwärtig.
Lediglich der Nischenmarkt der Clubmusik schien bisher weitestgehend unberührt vom Digitalisierungstrend zu sein. Das Auflegen mit CDs konnte sich im Profibereich lange nicht
durchsetzen. So blieben zumindest die professionellen Discjockeys ihrem Setup bestehend aus zwei Plattenspielern, einem Mischpult und der Plattenkiste mit 12-Zoll Maxi-Singles und
LPs treu. Doch mittlerweile lässt sich ein Umbruch beobachten. Grund dafür sind die seit etwa fünf Jahren verfügbaren Hybrid-Systeme wie Final Scratch oder Serato, die mit ihrem Bedienungskonzept die Lücke zwischen analogem Vinyl und digitalen Musikfiles geschlossen haben. Gleichzeitig gehen volldigitale DJ-Interfaces neue konzeptuelle Wege zwischen DJ-Set
und Live-Gig und zeigen auf, in welche Richtung sich das DJing in Zukunft entwickeln könnte. Die Digitalisierung ist in der Clubkultur angekommen.“
Interfacing Audio – Das Mensch-Maschine-Verhältnis in der digitalen Musikproduktion (2006)
von Jan Torge Claussen
„Musik wird gemacht, gespielt, gehört, interpretiert, visualisiert, objektiviert, produziert, beworben, gekauft, analysiert. All diese Prozesse vollziehen sich zwischen Menschen und Medien. Die lexikalische Definition von ‚Medium‘ lautet ‚Mittel‘ beziehungsweise ‚vermittelndes Element‘. Medien können demnach als menschliche und maschinelle Form existieren. Vermittelnd menschlich ist beispielsweise das sehende Auge, vermittelnd maschinell die schwingende Lautsprecher-Membran einer Stereoanlage. Mediale Eigenschaften können also zunächst Menschen und Maschinen zugeschrieben werden. Diese Arbeit versucht zu klären, welche Wirkungen technische Medien in der Musikproduktion entfalten“
Post-Rock, Chicago School, Jim O’Rourke. Über Materialbehandlung in der Avantgarde der populären Musik (2006)
von Tobias Ruderer
„‚Post-Rock‘, vorerst als Bezeichnung für ein musikalisches Genre zu verstehen, hat bis zum heutigen Tage als eigenständiges Thema keine wissenschaftliche Beachtung gefunden. In den gelegentlichen, meist knapp gehaltenen beiläufigen Erwähnungen in Einzelbeiträgen zu wissenschaftlichen Sammelbänden wird neben dem Hinweis auf den hohen Status im popkulturellen Diskurs Mitte/Ende der 1990er Jahre auch mehr oder weniger kritisch die Existenz von Post-Rock als zeitgenössischer Musikform anerkannt. […] Im Zentrum der Diskussion steht, auf den semantischen Gehalt des Begriffes bezogen, die Frage nach der Existenz einer aktualisierten, zeitgemäßeren Form beziehungsweise Ablösung von Rockmusik. Sowohl die nach wie vor umstrittene Aussagekraft des Begriffs als auch der – aufgrund dieser Unklarheit – nur schlagwortartig geklärte Status seines musikalischen Inhalts legen eine wissenschaftliche Behandlung des Phänomens nahe.“
Klangkomposition als postserielle Strategie: György Ligetis Mikropolyphonie und Helmut Lachenmanns musique concrète instrumentale (2005)
von Markus Engel
„György Ligeti und Helmut Lachenmann gehören zur zweiten Generation der musikalischen Nachkriegsavantgarde, die gemeinhin mit dem Paradigma der postseriellen Musik in Verbindung gebracht wird. Das Hauptanliegen der postseriellen Komponisten bestand darin, sich vom seriellen Denken der älteren Generation zu distanzieren und alternative ästhetische und kompositorische Wege zu finden. Eines dieser Konzepte ist die Klangkomposition, in deren Feld auch Ligeti und Lachenmann zu verorten sind.“
Musikdistribution in der Netzwerkgesellschaft (2005)
von Christian Alexander Krämer
„Diese Arbeit behandelt den Einfluss der Informations- und Kommunikationstechnologien, allen voran des Netzwerkes Internet, auf das Vertriebsmodell der Tonträgerbranche. […] Dabei sieht sich die Tonträgerbranche als Opfer eines ihrer Meinung nach unmoralischen und illegalen Download-Verhaltens der Internetnutzer, die sich der digitalen Netzwerke freizügig bedienen. […] Die in Peer-to-Peer-Netzwerken aktiven Nutzer versuchen ihr Verhalten mit Hinweisen darauf zu rechtfertigen, dass nun ein freizügiger, der Netzwerktechnologie angemessener Umgang mit Musik möglich sei und dadurch auch die von ihnen als Künstler ausbeutend und teilweise überflüssig angesehenen Schallplattenfirmen aus der Distributionskette ausgegliedert werden könnten. Beide Seiten argumentieren unter anderem damit, dass sie im Interesse der Künstler handeln. In dieser Arbeit soll das Verhalten der an diesem Prozess hauptsächlich beteiligten Gruppen – nämlich der Musikrezipienten und der Musikproduzenten – auf seine ethische und damit moralische Vertretbarkeit hin untersucht werden.“
Design und Medienwandel: Vom Medium Computer zur Theorie des Informationsdesign (2004)
von Timo Meisel
Die Arbeit beschreibt die Entwicklung des ‚industriellen‘ Designs in den letzten zwei Jahrhunderten in Form einer rückwirkenden Geschichtsschreibung aus medienwissenschaftlicher und techniksoziologischer Perspektive. Sie stellt die These auf, dass die Krise der Utopien im Design, die sich in den sechziger Jahren anzudeuten beginnt, in einem fundamentalen Wandel des begrifflichen Bezugsrahmens der Gestaltung begründet ist, nämlich im Wandel von einem ‚industriell‘ geprägten Produktionsmodus in einen ‚informationellen‘. Anhand einiger beispielhafter Entwürfe von Vannevar Bush, Douglas Engelbart, Ted Nelson, Otto Neurath, Richard Buckminster Fuller sowie Charles und Ray Eames wird schließlich eine mögliche Agenda dieses ‚informationellen Designs‘ destilliert. Dieses Werk ist unter einer Creative Commons Lizenz lizensiert.
Aufsätze, Zeitschriftenbeiträge, ausgewählte stud. Arbeiten
Arkestrated Rhythmachine Komplexities: Machinic Geisterstunde and Post-Soul Persistencies (2019)
von ARK (Malte Pelleter)
In: club transmediale 2019 – Persistence Magazine. Berlin: DISK. S. 62-67.
»Drum machines have no soul!« This old reproach is as persistent as any belief in ghosts in the machine. And as, for example, Louis Chude-Sokei has recently shown, it imbues the notion of machine with a recurrent diehard trauma. Since time immemorial, »The soul« has served as a brutal battleground for negotiations over »humanity,« one on which a white-male-dominated so-called »humanism« has denied a soul to all that it deems technologically or racially »other.« Which is why, when Kodwo Eshun wrote his manifesto More Brilliant Than The Sun some twenty years ago, he celebrated Post-soul machinic musics as »anti-humanist« in the emancipatory sense of the term, that is, as a sonic refutation of the endlessly brutal production of difference that goes on in the name of a tremulously soulful »humanity.«
Funkologicalienatimepistomachinistics. Sensorisches Engineering und maschinische Heterochronizität bei Shuggie Otis (2018)
von Malte Pelleter
In: In: Johannes Ismaiel-Wendt/Alan Fabian (Hg.): Musikformulare und Presets. Musikkulturalisierung und Technik/Technologie. Hildesheim: Olms. S. 149-166.
Gespielte Medien und die Anfänge „phonographischer Arbeit“ (2016)
von Rolf Großmann
In: Saxer, M. (Hg): Spiel (mit) der Maschine – musikalische Medienpraxis in der Frühzeit von Phonographie, Selbstspielklavier, Film und Radio, transcript, Bielefeld, 2016, (S. 381 – 400)
Zur Aktualität der Rhythmusbewegung im 21. Jahrhundert. Eine Respondenz (2016)
von Rolf Großmann
In: Gesellschaft für Musikforschung (Hg): Die Musikforschung, 69. Jahrgang 2016/ Heft 2, Bärenreiter Verlag, Kassel, 2016 (S. 157 – 160)
Phonographic Work: Reading and Writing Sound (2016)
von Rolf Großmann
In: Papenburg, Jens; Schulze, Holger (Hg): Sound as Popular Culture. A Research Companion, MIT Press, Cambridge, 2016 (S. 355 – 366)
Über Klangerzeuger, Metallkisten und Breakbeat-Labore. Konstellationen aus Sound, Technik, Wissen und Praxis (2016)
von Sarah-Indriyati Hardjowirogo und Malte Pelleter
In: In: Schlüter, B./A. Volmar (Hg.): Von akustischen Medien zur auditiven Kultur. Zum Verhältnis von Medienwissenschaft und Sound Studies. (Navigationen. Zeitschrift für Medien- und Kulturwissenschaften, Heft 2/2015) S. 99-112.
Sensory Engineering – Affects and the Mechanics of Musical Time (2014)
von Rolf Großmann
In: Angerer, M; Bösel, B.; Ott, M.(Hg): Timing of Affect – Epistemologies, Aesthetics, Politics , Diaphanes, Zurüch, 2014, (S.191 – 206)
Lautsprecher. Medienaufführungen: vom kulturellen Wandel eines Übertragungsmediums (2013)
von Rolf Großmann
„Mit einer Begriffsdefinition des Lautsprechers als Medium in einer rudimentären Medientheorie scheint die Grenze des Lautsprechers als Medium oder Instrument leicht zu ziehen. Seine Existenz als Medium endet dort, wo seine Existenz als Musikinstrument beginnt: mit der Fokussierung seines Eigenklangs oder seiner dispositiven Eigenschaften als Teil einer auditiv-ästhetischen Strategie. Der Beitrag beleuchtet genau diese theoretischen Ausgangspunkte.“
Sonic Fiction – Zum Begreifen musikalisch-medialer Gestaltung (2013)
von Rolf Großmann
„Mit seinem »Sonic Fiction« – Band 1 hat der der britische Musikjournalist Kodwo Eshun 1998 eine vielbeachtete Textsammlung zur Diskussion um populäre Formen der elektronischen Musik vorgelegt. Dort operiert der Breakbeat »als Motion-Capture- Standbild«, schwarze Musik wird im Disco »an das metronomische Fließband verfüttert« und das »Mixadelic Universe« erforscht. In Eshuns eigenen Worten ist »Heller als die Sonne« »eine Mechanographie, eine omnidirektionale Erkundung der Mechanoinformatik und des geheimen Lebens der Maschinen, die die gewaltige und bislang unbeachtete Ko-Evolution von Menschen und Maschinen im Black Atlantic- Futurismus des späten 20. Jahrhunderts enthüllt.« Soweit ein erster Ausschnitt aus der metaphorischen Sprache der Sonic Fiction Kodwo Eshuns“
In: Enders, Bernd et al. (Hg.): Die Metapher als ‚Medium‘ des Musikverstehens. (Osnabrücker Beiträge zur systematischen Musikwissenschaft, Bd. 24) Osnabrück: EPOS 2013, S. 161-172.
Die Materialität des Klangs und die Medienpraxis der Musikkultur. Ein verspäteter Gegenstand der Musikwissenschaft? (2013)
von Rolf Großmann
„Die Schriftlichkeit der Phonographie lässt akustisches Material als Schall-Platte (!) oder Magnetbandschnipsel buchstäblich greifbar werden, bevor es sich in den Rastern der digitalen Medien auflöst. Musique concrète, Hiphop, Dub, Soundscapes und Klangkunst sind nur einige Stichworte dieses medienmusikalischen Wandels von der Notation der Tonhöhen zur Notation des Schalls. Betroffen ist jedoch die gesamte auditive Kultur des Hörens und Gestaltens akustischer Phänomene. Ein wichtiger Schritt zum Verständnis der Veränderungen in der Musik könnte die Neubestimmung nicht nur ihrer Medialität und Materialität, sondern auch der Konzeption musikalischen Materials sein. Bisherige Materialdiskurse der Musik verhandeln technische Medien als reine Vermittlungsinstanzen, die im Hinblick auf von ihnen vermittelten Gegenstände neutral bleiben. Hier sind medienwissenschaftliche Positionen fruchtbar zu machen. Bezeichnungen wie „Sound Studies“, „Sound Culture“, „Auditive Medienkultur“ etc. sind in diesem Sinne Label neuer, noch wenig disziplinierter wissenschaftlicher Zwischenbereiche, deren alte und neue Heimat zu klären wäre.“
Überlegungen zur Geschichtlichkeit von Musik im Anschluss an Heidegger und Kittler (2012)
von Rainer Bayreuther
„Wenn wir nach Geschichtlichkeit in den Künsten fragen, stoßen wir rasch auf eine Eigentümlichkeit, die diese Geschichte als etwas ganz anderes aussehen lässt als die Geschichte im gewöhnlichen Sinn. In der Geschichte im gewöhnlichen Sinn haben wir es mit Geschehnissen, Handlungen, Sachverhalten zu tun: die Geschehnisse des Dreißigjährigen Krieges, die Handlungen der Französischen Revolution, der Sachverhalt des Parlaments in der Weimarer Republik usw. In den Künsten dagegen sind unsere Gegenstände – Gegenstände. Einfach Gegenstände und sonst nichts.“
303, MPC, A/D – Popmusik und die Ästhetik digitaler Gestaltung (2012)
von Rolf Großmann
„So könnten Stationen einer Gerätegeschichte gelesen werden: die TB-303, eine analoge programmierbare Groovebox als Basssynthesizer, es folgt die MPC 60, ein digitales Music Production Center, das mit Samples arbeitet und schließlich – Tschüss und Ade für die vertraute Hardware – per A/D Wandler die finale Überführung des analogen Sounds in die virtuellen Welten der Medienmaschine Computer. Kann die Ästhetik digitaler Gestaltung als Gerätegeschichte, in der Abfolge technischer Konfigurationen von analog zu digital verstanden werden? Und welche Rolle spielt dabei das Populäre? Unterscheidet sich die digitale Ästhetik populärer Musik von derjenigen anderer Musik, etwa der Volksmusik, der volkstümlichen Musik oder der so genannten ernsten Musik?“
Medienkonfigurationen als Teil (musikalisch-)ästhetischer Prozesse (2012)
von Rolf Großmann
„Technische Prinzipien verführen manchmal Diejenigen, die sie tatsächlich ernst nehmen und im Detail untersuchen, zu Kurzschlüssen von technischen auf kulturelle Funktionen – und ziehen in solchen Diskursen regelmäßig den Vorwurf naiver Technikgläubigkeit oder -metaphorik nach sich. Tatsächlich führt es nicht weiter, ein Apparate-Dispositiv anhand seiner technischen Konstellation als dominante Rahmung jeglicher Erfahrung zu umreißen. Insbesondere ästhetische Dispositive beruhen auf einer Öffnung bestehender Rahmungen durch Zweckentfremdungen und Konventionsbrüche. Zwischen dem Verbleib in den technisch-konstruktiv vorgegebenen Konstellationen der Medien-Apparate, die in ihrer Zweckrationalität nur eine der möglichen Anordnungen darstellen, und dem Beiseitetreten neben das technische Dispositiv, das damit selbst zum Gegenstand der Erfahrung werden kann, ist ein breites Kontinuum von Zwischenpositionen möglich.“
In: Bippus, Elke et al. (Hg.), Ästhetik x Dispositiv. Die Erprobung von Erfahrungsfeldern. Zürich/Wien: Springer 2012, S. 207-216.
Medienreflexion in der Musik im Anschluss an John Cage (2012)
von Rolf Großmann
„John Cage und sein kompositorisches Werk werden im Folgenden mit einem speziellen Fokus betrachtet: Es geht um seinen Beitrag zur musikalischen Aneignung der Audiomedien des 20. Jahrhunderts, den ich versuche, zu identifizieren und von anderen abzugrenzen. Damit ist mein Interesse zunächst ein grundsätzlich anderes als dasjenige der vielen Theorieplateaus, deren Motivation die Anschlussfähigkeit der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Praxis an die offene experimentelle Kultur John Cages ist. Seine rechtfertigende Vereinnahmung für jede vermeintlich avantgardistische oder innovative musikalische Praxis soll hier keineswegs auch noch auf den Medienbereich ausgedehnt werden. Dass dabei ein »Mythos Cage« den es aus meiner Sicht zweifellos und mit positiver Berechtigung gibt – ein wenig angekratzt werden könnte, ist unvermeidbar. „
Reproduktionsmusik und Remix-Culture (2011)
von Rolf Großmann
„Der Begriff ,Remix‘ wird heute oft für alle Arten musikalischer Gestaltung mittels Reproduktions- medien und dem dort vorhandenen phonographischen Material verwendet. Ein genauerer Blick auf die aus ,Medienklängen‘ geformten Reproduktionsmusiken bringt jedoch eine komplexe Vielfalt von Traditionen, Genres, Entwicklungslinien und ästhetischen Strategien zutage. Der Remix als spezifisches medienästhetisches Verfahren hat seine Ursprünge in der Mehrfach-Edition popmusikalischer 24-Spurbänder, in Jamaika und in US-amerikanischen Discotempeln. Nimmt man diese Tradition ernst, so ist das Remixen nicht nur aufgrund seiner popmusikalischen Orientierung eine essentielle Herausforderung für ,ernste‘ elektroakustische Musik. „
Liedersingen und Liedersprechen. Musikethnographische Skizze aus einer pietistischen Gemeinschaft in Württemberg (2004)
von Rainer Bayreuther
„Als ich am 12. September 2004, einem spätsommerlich warmen Sonntag, zur angegebenen Adresse im württembergischen Denkendorf komme, gibt keine Tafel, kein Schaukasten, kein Hinweis an der Türklingel mir das Zeichen, hier richtig zu sein. Ich suche das Haus, in dem die Stunde der Hahnischen Gemeinschaft abgehalten wird. Ich wollte mich nicht verspäten, wollte möglicherweise mit den Teilnehmern der Stunde vorab einige Worte wechseln, wie mit dem Gemeinschaftsleiter am Vorabend telefonisch verabredet, daher bin ich eine Viertelstunde vor 14 Uhr da. Niemand befindet sich vor dem Haus. Es gibt mehrere Haustürklingeln mit mir unbekannten Namen, kein Hinweis auf die Hahner. Wo klingeln? Ich entschließe mich nach kurzem Zögern, nicht zu klingeln und einfach einzutreten.“