Gemeinsames Seminar der Leuphana Universität Lüneburg (Prof. Dr. Rolf Großmann / Sarah-Indriyati Hardjowirogo) und der Hochschule der Künste Bern (Prof. Dr. Michael Harenberg / Angela Bürger)
Instrumentalities | Leuphana Universität Lüneburg | Studiengang: BA Kulturwissenschaften | Modul: Musik und auditive Kultur | Montag, 16:15-18:00 | Wöchentlich | Online | Rolf Großmann | Sarah-Indriyati Hardjowirogo
Die Veranstaltung wird als virtuelles Seminar über eine Videokonferenzing-Plattform („Digital Classrooms“) stattfinden und durch lokale Sitzungen an den beiden Hochschulen ergänzt. Die Classrooms werden in den gemeinsamen Semesterzeiten von Lüneburg und Bern stattfinden.
Obwohl zunächst als Hybridveranstaltung geplant, wird das Seminar nun vollständig Online stattfinden. Die Angaben zum Zoom Meeting wurden per Mail an alle Teilnehmenden gesandt.
Dozent
Rolf Großmann
grossmann@leuphana.de
Dozentin
Sarah-Indriyati Hardjowirogo
hardjowirogo@leuphana.de
Tutor
Leopold Bierling
leopold.bierling@stud.leuphana.de
Dass eine Geige oder eine Flöte ein Musikinstrument ist, scheint unzweifelhaft. Wir nutzen diese Gegenstände seit Generationen, um Klänge zu produzieren. Was ist jedoch mit Gegenständen, Umgebungen und Prozessen, die nicht primär musikalisch motiviert waren und heute ganz selbstverständlich zum Musizieren und zur auditiven Gestaltung genutzt werden? Plattenspieler, Laptops, DAWs, Max Patches, Sensorik und vieles andere werden zu instrumental-medialen Umgebungen, die in Konzerten, Installationen und Sound Art an der Funktion der vormaligen Instrumente teilhaben. Spätestens seit Pierre Schaeffers Tonbandinstrumenten der 1950er Jahre, dem „Phonogene“ und dem Morphophone“, die aktuell in der Szene der Modularsynthesizer ihr Comeback erleben, stellt sich die Frage nach dem Instrumentcharakter, der „Instrumentalität“, technischer Medien.
Ziel ist es, Kriterien eines zeitgemässen Musikinstrumentenbegriffs zu erarbeiten. Unsere heutigen digitalen Instrumente unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von den historischen. Die um 1900 vorgeschlagene Definition von Hornbostel/Sachs der „Elektrophone“ hilft da kaum weiter, so dass wir grundsätzlich nach kulturellen Funktionsweise eines Musikinstruments und neuen Definitionskriterien fragen wollen. Mit dem Band “Musical Instruments in the 21st Century” (s. Literatur auf der Webseite) ist 2016 ein wegweisender Sammelband zu diesem Thema erschienen, der eine Textgrundlage zum Seminar bilden wird. Als Seminarleiterin wird u.a. die Mitherausgeberin dieses Bands, Sarah Hardjowirogo dabeisein.
Semesterbeginn Bern: 14. September 20
Semesterende: 25. Januar 2021
Veranstaltungsbeginn Leuphana: 19. Oktober 2020
Veranstaltungsende: 25. Februar 2021
Prüfungsleistung
Gruppenpräsentation (70%)
2 Essays á 2 Seiten (30%)
Kommentare
Bitte nutzen Sie die Kommentarfunktion! Die Kommentare auf dieser Webseite werden aus Datenschutzgründen bis zum nächsten Semester gelöscht. Für die interne Diskussion und generellen Austausch soll das Etherpad genutzt werden, zu dem alle Teilnehmenden einen Link bekommen. Leider funktioniert unser erstes Leuphana Etherpad nicht mehr richtig. Wir haben jetzt ein zweites Pad (CryptPad), dass ihr in einer weiteren Mail bekommen habt und hoffentlich besser funktioniert.
Fragenkatalog zur Diskussion der Beispiele (als Anregung):
- Wie verhält sich das Instrument zu der im Text dargelegten Position?
- Inwiefern fordert das Instrument den Begriff des Musikinstruments heraus? Welche Merkmale / Eigenschaften / Fähigkeiten / Funktionen sind im Vergleich zu konventionellen Musikinstrumenten eher ungewöhnlich?
- Woher kommt das Instrument, wer hat es entwickelt / gebaut? In welchem Kontext?
- Wie funktioniert das Instrument technisch?
- Welche Art von Klängen lässt sich wie mit dem Instrument erzeugen? Wie können sie gestaltet werden?
- Wie wird es gespielt? Gibt es tradierte Spieltechniken?
- Gibt es auch nicht-instrumentale Nutzungsweisen des Instruments? Wenn ja, in welchem Verhältnis stehen sie zu seiner Nutzung als Musikinstrument?
- Gibt es instrumentenspezifische Vermittlungsangebote? Gibt es Literatur über und/oder für das Instrument?
- Wer spielt seit wann wo welche Musik damit? Gibt es Veröffentlichungen, auf denen das Instrument zu hören / zu sehen ist?
- Gibt es einen (öffentlichen/fachlichen) Diskurs um das Instrument? Welche Aspekte werden dabei in den Blick genommen?
Seminarphasen
1. Phase: Praxiserfahrungen Instrumentalität
2. Phase: Reflexion / Theorie
3: Phase: neue Modelle / Begrifflichkeiten / Konsequenzen
Seminarplan:
19.10.2020 | 16:15 – 18:00 Uhr Gemeinsame Sitzung LG+Bern
26.10.2020 | 16:15 – 18:00 Uhr
02.11.2020 | 16:15 – 18:00 Uhr Sitzungstermin LG
Text: Kvifte (s. Literatur)
09.11.2020 | 16:15 – 18:00 Uhr Sitzungstermin LG
Text: Baalman (s. Literatur)
16.11.2020 | 16:15 – 18:00 Uhr Beratung nach Eintragung
23.11.2020 | 16:00 – 19:00 Uhr Gemeinsame Online Sitzung mit Präsentationen LG+Bern
Gruppe: MfLive, digital/modular synth
30.11.2020 | 16:15 – 18:00 Uhr Beratung nach Eintragung
07.12.2020 | 16:00 – 19:00 Uhr Gemeinsame Online Sitzung mit Präsentationen LG+Bern
Gruppe: Alltagsgegenstände 1 & 2
14.12.2020 | 16:15 – 18:00 Uhr Sitzungstermin LG
04.01.2021 | 16:15 – 18:00 Uhr Beratung nach Eintragung (im CryptPad mit gelb bitte eintragen)
11.01.2021 | 16:00 – 19:00 Uhr Gemeinsame Online Sitzung mit Präsentationen LG+Bern
Gruppe: Noise Instruments und Gruppe: Plattenspieler/Smartphone Instrument
18.01.2021 | 16:15 – 18:00 Uhr Beratung nach Eintragung
25.01.2021 | 16:15 – 18:00 Uhr Abschlusssitzung LG
Aktueller Artikel aus der Süddeutschen Zeitung zum Thema
House-Recht: Bundesfinanzhof stellt fest: Techno ist Musik
Zitat:
Dann können auch Plattenteller, Mischpult und CD-Player als Instrumente gelten, zumindest wenn sie „zum Vortrag des Musikstücks und nicht nur zum Abspielen eines Tonträgers genutzt werden“. Und das sei, entschieden die Richter, in beiden Fällen der Fall gewesen: „Die DJs spielen somit nicht nur fremde Tonträger ab, sondern führen eigene neue Musikstücke auf, indem sie Instrumente im weiteren Sinne nutzen, um Klangfolgen mit eigener Prägung zu erzeugen.“
Studentische Arbeiten Hochschule der Künste Bern
Für alle, die sich für die Projektbeispiele aus Bern interessieren:
Eine Auswahl von studentischen Arbeiten der letzten Semester.
https://hkb-soundarts.ch/studierende
Zum Semesterende findet an der HKB immer ein kleines Festival statt, bei dem in Konzerten, Ausstellungen und Performances alle Semesterarbeiten der Studierenden aus BA und MA gezeigt werden. Da wir letztes Semester im Lockdown waren, haben wir die Präsentationen „à suivre #37“ online durchführen müssen. Auch diese Arbeiten sind alle online unter
https://hkb-soundarts.ch/asuivreprojekte
Micheal Harenberg: „Bei unserem vorletzten Treffen konnte ich leider nicht dabei sein, weil wir ein Analyse-Forum hatten. Das war online und mit Daniel Weissberg und Ernesto Molinari als Gäste. Wir haben die computergesteuerte Kontrabassklarinette CLEX vorgestellt und eine Arbeit unseres Trios BOV, das wir als Auftrag für das letzte Berner Musikfestival im September gemacht haben. Aus den ZOOM Aufnahmen habe ich jetzt am Wochenende zwei Videos geschnitten, Eines zeigt hauptsächlich die CLEX und Ernestos Erzzählung zur Geschichte des Instruments. Das zweite, längere beinhaltet auch noch Daniels Ausführungen zu unserer Live-Elektronik und grundsätzlichen Überlegungen zur Hybridität des Ansatzes.“ (November 2020)
Literatur
Baalman, M.A.J. (2017): “Interplay between Composition, Instrument Design and Performance.” In: Bovermann, Till, Alberto de Campo, Hauke Egermann, Sarah-Indriyati Hardjowirogo & Stefan Weinzierl (eds.): Musical Instruments in the 21st Century. Identities, Configurations, Practices. Singapore: Springer Nature. S. 225-242.
Bell, Adam Patrick (2018): The pedagogy of Push. Musikformulare und Presets, p. 167.
Dawe, Kevin (2003): „The Cultural Study of Musical Instruments“, veröffentlicht in: Clayton, Martin: „The cultural study of music : a critical introduction“. New York: Routledge. S. 274-284.
Collins, Nicolas (1993): „Exploded View: The Musical Instrument at Twilight„
Vortrag beim Symposium ‚Hyperkult 3‘, Universität Lüneburg, Sommer 1993
Published in Catalog for STEIM festival, October 1993.
Webdokumentation zur ‚HyperKult III‘, 14.-16. Juli 1993, Universität Lüneburg (Ja, wir sind stolz auf diese multimediale Arbeit aus den Anfangstagen des Web!)
Enders, Bernd (1987): “Instrumentenkunde – Form, Funktion und Definition des Musikinstruments im Spannungsfeld von Musik und Technik.” In: Edler, Arnfried, Siegmund Helms & Helmuth Hopf (Hrsg.): Musikpädagogik und Musikwissenschaft. Wilhelmshaven: Noetzel. S. 306-345.
Giacomo, Lepri & McPherson, Andrew (2019): Making up instruments: Design fiction for value discovery in communities of musical practice
Großmann, Rolf (2010): “Distanzierte Verhältnisse? Zur Musikinstrumentalisierung der Reproduktionsmedien.” In: Harenberg, Michael & Daniel Weissberg (Hg.): Klang (ohne) Körper. Spuren und Potenziale des Körpers in der elektronischen Musik. Bielefeld: transcript. S. 183-200.
Großmann, Rolf: “The Instrument.” In: Holger Schulze (Ed.): The Bloomsbury Handbook of Sound Anthropology, New York 2020, (erscheint im Winter 2020), Preview
Großmann, Rolf: „The Instrument as Medium. Phonographic Work.“ In: Groth, Sanne Krogh, Holger Schulze (Eds.): The Bloomsbury Handbook of Sound Art. New York 2020, S. 436-445.
Hardjowirogo, Sarah-Indriyati: “Instrumentality. On the Construction of Instrumental Identity.” In: Musical Instruments in the 21st Century. Identities, Configurations, Practices edited by Till Bovermann et al., Singapore: Springer Nature 2016, S. 9-24.
Harenberg, Michael, Virtuelle Instrumente zwischen Simulation und (De-)Konstruktion. In: Marcus S. Kleiner, Achim Szepanski (Hrsg.): Soundcultures. Über elektronische und digitale Musik. Frankfurt am Main 2003.
Harenberg, Michael, Die musikalisch-ästhetische Verortung klingender Räume. Virtuelle Räume als musikalische Instrumente. In: Martin Warnke, Wolfgang Coy, Georg Christoph Tholen (Hrsg.): HyperKult II Zur Ortsbestimmung analoger und digitaler Medien. transcript Verlag, Bielefeld 2005.
Harenberg, Michael, Meta-Instrumente – die reale Virtualität musikalischer Interfaces, in: Die Tonkunst. Magazin für Klassische Musik und Musikwissenschaft, Jg. 9, Nr. 3 (Juli 2015), topic: Instrumentarium in der Neuen Musik, S. 317–326.
Harenberg, Michael (Hg.): Klang ohne Körper. Spuren und Potenziale des Körpers in der elektronischen Musik“, Bielefeld: transcript Verlag 2010.
Hildebrand Marques Lopes, Dominik, Hannes Hoelzl & Alberto de Campo (2017): “Three Flavors of Post-Instrumentalities: The Musical Practices of, and a Many-Festo by Trio Brachiale.” In: Bovermann, Till, Alberto de Campo, Hauke Egermann, Sarah-Indriyati Hardjowirogo & Stefan Weinzierl (eds.): Musical Instruments in the 21st Century. Identities, Configurations, Practices. Singapore: Springer Nature. S. 335-362.
Keller, David & Maria Dillschnitter (2016): ‚Zweckentfremdung‘ als kulturelles Konzept und soziale Praxis: Eine Einführung. In: Keller, David & Maria Dillschnitter (Hrsg.): Zweckentfremdung. ‚Unsachgemäßer‘ Gebrauch als kulturelle Praxis. Paderborn: Fink. S. 7-26.
Kvifte, Tellef (2008): “What is a Musical Instrument?” Svensk tidskrift för musikforskning 90 (1), S. 45-56.
Magnusson, Thor (2009): “Of Epistemic Tools: Musical Instruments as Cognitive Extensions.” Organised Sound 14 (2), S. 168-176.
Otto, Andi (2016): »Dutch Touch –Das SensorLab und The Hands als elektro-instrumentale Pionierentwicklungen des STEIM in den Jahren 1984-2000« . Univ. Diss.: Leuphana Universität Lüneburg. Open Source Publ. Download Link