von Marlin Nöthig
Das Auftreten der ersten musikalischen Reproduktionsmedien ist bekanntermaßen schon eine Weile her. Sie sind fester Bestandteil unseres kulturästhetischen Repertoires geworden und aus diesem nicht mehr wegzudenken. So assoziieren die meisten Menschen damit in erster Linie Tonträger, wie CDs, Schallplatten, Tonbänder, historisch gesehen den Phonographen aber auch digitale Varianten, wie das MP3-Format. Oft werden dabei, die Reproduktionsinstrumente übersehen, die zwar als Musikinstrumente zu betrachten sind, aber gleichzeitig Stücke wiedergeben können, ohne dass dazu ein menschlicher Spieler zwingend notwendig ist. Wer nun denkt, dies sei eine Errungenschaft der Digitalisierung und erst seit der Einführung des MIDI-Standards üblich, hat sich um einige Jahrzehnte verschätzt.
Kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert wurde das erste Pianola, auch Klaviervorsetzer genannt entwickelt, das genau dies tut – es reproduziert Musik. Es handelt sich um eine mechanische Apparatur, die an ein Klavier oder einen Flügel gestellt wird, wobei deren Holz-‚Finger‘ die Klaviatur bedienen. Die Spielanweisungen kommen von einer gelochten Papierrolle, auch ‚Notenrolle‘ genannt, die ein gewünschtes Musikstück repräsentiert, das von der Mechanik auf die Tasten des Klaviers übertragen wird und es so zum Erklingen bringt. Bei seinem Erscheinen war das Pianola eine Sensation, ein Klavier, das (fast) von selbst spielt. Doch mit der Zunahme der Qualität von Tonträgermedien verblasste die Aufmerksamkeit, die dem Pianola galt und es geriet mehr und mehr in Vergessenheit.
Heute ist das Pianola höchstens noch als Museumsobjekt oder Sammlerstück zu finden. Solch einen Sammler könnte man auch hinter Rex Lawson vermuten, der jedoch mehr ist. Er bezeichnet sich selbst als „einen der letzten Pianolisten“. Im Video, aufgenommen von Rolf Großmann während der Tagung ‚Spiel (mit) der Maschine‘ im Mai 2014 an der Uni Frankfurt, beweist Lawson eindrucksvoll, wie sich mit wenigen Parametern ein Klangbild erzeugen lässt, das sich von normalem Klavierspiel kaum oder gar nicht unterscheiden lässt. Schließen Sie doch mal beim Abspielen des Videos die Augen. Ab der zweiten Hälfte werden Sie denken, der Klaviervorsetzer wäre durch einen echten Pianisten ausgetauscht worden.
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