Random Access Memories

Random Access Memories
Digitale Soundkultur und Erinnerung (Seminar)

Seminar | Universität Münster
B.A. Studiengänge | Modul Musik, Medien und Gesellschaft
Block-Termine: 6.12.2024 – 13-18 Uhr | 7.12.2024 – 11-16 Uhr | 17.1.2025 – 13-18 Uhr | 18.1.2025 – 11-16 Uhr
Raum 312

Im englischen ›memory‹ gehen das allzu menschliche Gedächtnis und die technische Medienfunktion des Speicherns ziemlich selbstverständlich ineinander über. Die menschliche Fähigkeit zur Erinnerung wie die technische Hardware tun – scheinbar – dasselbe: sie halten Phänomene, Ereignisse, Wahrnehmungen verfügbar, deren Zeit eigentlich längst vergangen ist. Sie halten – potentiell – genau das stetige Vergehen dieser Zeit an. Leiten es um in Loops, Schleifen, Rekursionen.

Soundkultur – unser Umgehen mit, unser Hören von Klängen – konfrontiert uns in besonderer Weise mit dieser doppelten Bedeutung von ›memories‹. Klänge vergehen. Und das heißt: sie müssen erinnert, gespeichert, festgehalten werden, um daraus so etwas wie ›Kultur‹ zusammen zu bauen. Bieten Klänge deswegen einen besonderen Zugriff auf die Dimension der Erinnerung? Lassen sie etwas hörbar werden über die stumme Allgegenwart digitaler Speicher?

Musik und Soundkultur haben schließlich ihre ganz eigenen Praxen entwickelt, um mit Prozessen der Erinnerung, der Speicherung, der Verzögerung ästhetisch umzugehen. In Delays und Loops verklingen die Klänge eben nicht, sondern fallen immer wieder auf sich selbst zurück. In ewig langen Hallfahnen schwingen Vergangenheiten mit, die einmal Zukünfte werden wollten. Im künstlichen Knistern eines Vinylizer Plug-In bekommt auch der ewig saubere digitale Sound seine virtuell analoge Vergänglichkeit verpasst.

Solche Fragen und Phänomene wollen wir im Seminar diskutieren und ihnen nachhören. Wir folgen dabei keinem linearen Argumentationsmodus, sondern assoziieren uns frei durch verschiedene Speicherblöcke dieser Random Access Memories digitaler Soundkultur.

Dozent


Jun.Prof. Dr. Malte Pelleter

Institut für Musikpädagogik
Philippistr. 2, Raum 213
malte.pelleter@uni-muenster.de

Prüfungsleistung:

Hausarbeit (weitere Infos im Seminarverlauf)

Studienleistung:

Anlegen einer kommentierten Sound-Sammlung mit eigenen Erinnerungs-Sounds.

Materialien

(werden laufend ergänzt)

Speicherblock X: Individuelles, kollektives und kulturelles Gedächtnis

Aleida Assmann (2004): »Zur Mediengeschichte des kulturellen Gedächtnisses«. In: Astrid Erll / Ansgar Nünning (Hg.): Medien des kollektiven Gedächtnisses. Konstruktivität – Historizität – Kulturspezifität. Berlin: Walter de Gruyter.

Aleida Assmann (2013): »Vergessen, Beschweigen, Erinnern«. In: Dies.: Das neue Unbehagen an der Erinnerungskultur. Eine Intervention. München: C.H.Beck.

Speicherblock X: Klangkunst und kritische Erinnerungskultur

Michaela Melián: Memory Loops

Katharina Kellermann (Pelosi): How to hear the invisible – eine akustische Kartierung der post_kolonialen Erinnerungslandschaft Hamburg

Speicherblock X: Vinyl Crackle & Hauntology

Mark Fisher (2013): »The Metaphysics of Crackle. Afrofuturism and Hauntology«. In: Dancecult: Journal of Electronic Dance Music Culture, 5 (2). S. 42-55.

Audio Feature: Von der Privatisierung der Depression – der Pop-Theoretiker Mark Fisher im Porträt – ZÜNDFUNK – Generator | BR Podcast

Audio Feature: Pop-Philosoph Mark Fisher. Geisterjäger der Leistungsgesellschaft.

Speicherblock X: Dub & Delay

Michael Veal (2006): Dub (Ausschnitt folgt).

Speicherblock X: Audiowalks als kritische Erinnerungskultur

Audiowalk, »Walk like a [female*] poet«. Literaturkommission für Westfalen.

Speicherblock X: Medienmaterialität und ihre Vergänglichkeit

Melle Jan Kromhout (2020): »Hearing pastness and presence: the myth of perfect fidelity and the temporality of recorded sound«. In: Sound Studies, 6:1. S. 29-44.

Speicherblock X: Eine psychologische Geschichte des Gedächtnisses

Kurt Danziger (2008): »Memory kinds«. In: Ders.: Marking the Mind: A History of Memory. Cambridge. Cambridge University Press. S. 156-187.