Sounds schnipseln
Sampling-Strategien in der musikpädagogischen Praxis (Workshop)
Seminar | Universität Münster
M.Ed. Studiengänge | Modul Musikpädagogisches Blockseminar
Freitag, 28.04.2023 | 14-19 Uhr | Raum 312
Freitag, 16.06.2023 | 14-19 Uhr | Raum 312
Sampling ist heute eine maßgebliche ästhetische Strategie in allen Bereichen der Popmusik und weit darüber hinaus. Als Inbegriff ›Phonographischer Arbeit‹ (Großmann) – d.h. der musikalischen Gestaltung und Nutzung von konkretem Klangmaterial, von Aufnahmen aller Art – bedeutet es eine radikale (mediale) Erweiterung der musikalischen Mittel. Ebenso wird Sampling allerdings bis heute, nicht nur in Bezug auf seine urheberrechtliche Dimension, immer wieder kontrovers diskutiert und oft missverstanden. Solche Missverständnisse treten insbesondere dann auf, wenn Sampling losgelöst von den spezifischen ästhetischen Traditionslinien und der Geschichte betrachtet und gehört wird, die seine Verwendung gerade im Rahmen von HipHop, House und Techno seit den 1980er Jahren ausgebildet haben.
In diesem Workshop wollen wir gemeinsam einen umfassenden Begriff von Sampling erarbeiten, um daran anschließend danach zu fragen, wie Sampling als musikalisches Verfahren neue Möglichkeiten auch für die musikpädagogische Praxis eröffnet.
Dozent
Software
Im Rahmen Seminars werden wir den Software-Sampler Koala verwenden, der für Android und iOS Geräte sehr günstig verfügbar ist. Alle wichtigen Infos und einführende Tutorials finden sich hier online. Hier gibt es außerdem ein umfassendes Video-Tutorial, das die verschiedenen Funktionen erläutert.
Materialien & Seminarplan
Materialien zur Definition des Sampling-Begriffs
Rolf Großmann (2005): »Collage, Montage, Sampling – ein Streifzug durch (medien-)materialbezogene ästhetische Strategien«. In: Harro Segeberg und Frank Schätzlein (Hg.): Sound. Zur Technologie und Ästhetik des Akustischen in den Medien. Marburg: Schüren 2005, S. 308-331 (Open Access).
Ergänzend ausführlich:
Tobias Hartmann (2022): Das Phänomen Sampling. Eine multiperspektivische Annäherung. Hildesheim: Olms (Open Access).
Materialien zur Geschichte des Sampling
Zur (Vor-)Geschichte des Sampling im HipHop
Mark Katz (2010): »Sampling before Sampling. The Link Between DJ and Producer«. In: ASPM Samples (Schwerpunktthema Sampling im HipHop, hg. von Oliver Kautny & Adam Krims).
Ein zentraler früher Text zur Ästhetik des Sampling im HipHop:
Tricia Rose (1994): »Soul Sonic Forces«. In: Dies.: Black Noise. Rap Music and Black Culture in Contemporary America. Middletown: Wesleyan University Press.
Eine kleine Mehrspur-Technikgeschichte des Sampling und Beatmaking
Malte Pelleter (2022): »Chopped and Screwed. Die Pad-Matrix und nicht-lineare Musiktechnologie-Geschichte(n)«. In: Michael Ahlers/Benjamin Jörissen/Martin Donner/Carsten Wernicke (Hrsg.): MusikmachDinge im Kontext Forschungszugänge zur Soziomaterialität von Musiktechnologie. Hildesheim: Olms. S. 19-40 (Open Access).
Text-Sampling
Gruppe 1: Sampling und die digitale Materialität von Sound
Rolf Großmann (2013): »303, MPC, A/D: Popmusik und die Ästhetik digitaler Gestaltung«. In: Marcus S. Kleiner / Thomas Wilke (Hg.): Performativität und Medialität Populärer Kulturen. Theorien, Ästhetiken, Praktiken. Wiesbaden: Springer 2013, S. 299-319.
Gruppe 2: Sampling und die kulturelle Referenzialität von Sound
Jochen Bonz (2006): »Sampling. Eine postmoderne Kulturtechnik«. In: Christoph Jacke / Eva Kimminich / Siegfried J. Schmidt (Hg.): Kulturschutt. Über das Recycling von Theorien und Kulturen. Bielefeld: transcript 2006, S. 333-353 (Open Access).
Gruppe 3: Sampling und die Nostalgie unmöglicher Erinnerungen
Emma Winston / Laurence Saywood (2019): »Beats to Relax/Study To: Contradiction and Paradox in Lofi Hip Hop (1)«. In: IASPM Journal, 9 (2). S. 40-54.
Gruppe 4: Sampling, Instrumentalität und kulturelle Bildung
Sarah-Indriyati Hardjowirogo (2022): »Listen and Repeat Die Pad-Matrix und instrumentale Vermittlung«. In: Michael Ahlers/Benjamin Jörissen/Martin Donner/Carsten Wernicke (Hrsg.): MusikmachDinge im Kontext Forschungszugänge zur Soziomaterialität von Musiktechnologie. Hildesheim: Olms. S. 123-40 (Open Access).
Gemeinsames Dokument
Hier finden Sie ein gemeinsames Sciebo-Dokument für Notizen und Ergebnisse
Sample-Material
Hier gibt es einen Sciebo-Ordner mit Sample-Material zum Anfangen.
YouTube-Kanäle zum Online-Digging:
Andre Navarro II
Vinyl Frontier Extra
Soulhawk
Ultradisko
Die Website radiooooo.com eignet sich auch wunderbar zum finden von Musik (die man nicht gesucht hat).
Weitere Literatur
Alexandria Arrieta (2021): »Splice and the platformization of hip hop production: Navigating the online music platform for royalty-free samples«. In: Global Hip Hop Studies, 2:2, S. 219–36.
Susanne Binas-Preisendörfer (2014): Klänge im Zeitalter ihrer medialen Verfügbarkeit. Popmusik auf globalen Märkten und in lokalen Kontexten. Bielefeld: transcript. (Das Sampling-Kapitel ist hier online zu finden.)
Martin Donner & Benjamin Jörissen (2022): »Digitale Designs und ästhetische Praxis. Biografische, situative und produktionsorientierte Haltungen junger Menschen im Umgang mit materiell-digitalen MusikmachDingen«. In: Michael Ahlers/Benjamin Jörissen/Martin Donner/Carsten Wernicke (Hrsg.): MusikmachDinge im Kontext Forschungszugänge zur Soziomaterialität von Musiktechnologie. Hildesheim: Olms. S. 231-64 (Open Access).
Georg Fischer (2020): Sampling in der Musikproduktion. Das Spannungsfeld zwischen Urheberrecht und Kreativität. Marburg: Büchner (Open Access).
Rolf Großmann (2004): »Signal, Material, Sampling. Zur ästhetischen Aneignung medientechnischer Übertragung«. In: Sanio, Sabine / Scheib, Christian (Hg.): Übertragung – Transfer – Metapher. Kulturtechniken, ihre Visionen und Obsessionen. Bielefeld: Kerber 2004, S. 91-110.
Rolf Großmann (2020): »The Instrument as Medium. Phonographic Work«. In: Sanne Krogh Groth / Holger Schulze (Hg.): The Bloomsbury Handbook of Sound Art. New York: Bloomsbury. S. 436-445.
Chris Kattenbeck (2022): Beats. Bauen. Lernen. Manifestation, Konstitution und Entwicklung künstlerischer Handlungsfähigkeit beim Beatmaking. Münster: Waxmann (Open Access).
Hannes Liechti (2022): This Track Contains Politics: The Culture of Sampling in Experimental Electronica. Bern: norient books (Open Access).
Wayne Marshall (2006): »Giving Up Hip-Hop’s Firstborn. A Quest for the real after the Death of sampling«. In: Callaloo, 29 (3). S. 868-892.
Justin Morey (2021): »UK sampling practice: Past, present and future.« In: E. Mazierska et al. (Hg.): The Evolution of Electronic Dance Music. New York: Bloomsbury. S. 63–80.
Malte Pelleter (2013): »›Chop that record up!‹ Zum Sampling als performative Medienpraxis«. In: Marcus S. Kleiner / Thomas Wilke (Hg.): Performativität und Medialität populärer Kulturen. Theorien – Ästhetiken – Praktiken. Wiesbaden: VS, S. 391-412.
Malte Pelleter (2015): »Grammophon-Erziehung und Beat-Bildung. Szenen medien/musikalischer Bildungs-Phantasmen«. In: Julius Othmer / Andreas Weich (Hg.): Medien – Bildung – Dispositive. Wiesbaden: Springer. S. 141-155.
Malte Pelleter (2022): »HOW TO MAKE YOUR OWN SAMPLES. Beat-Bildung, Zeit-Maschinen und Phonographizität zweiter Ordnung«. In: Thomas Wilke / Michael Rappe (Hg.): HipHop im 21. Jahrhundert. Medialität, Tradierung, Gesellschaftskritik und Bildungsaspekte einer (Jugend-)Kultur. Wiesbaden: Springer VS.
Emery Petchauer (2012): »Sampling Memories: Using Hip-Hop Aesthetics To Learn From Urban Schooling Experiences«. In: Educational Studies (48:2). S. 137-155.
Tricia Rose (1994): Black Noise. Rap Music and Black Culture in Contemporary America. Middletown: Wesleyan University Press.
Amanda Sewell (2014): »Paul’s Boutique and Fear of a Black Planet: Digital Sampling and Musical Style in Hip Hop.« Journal of the Society for American Music, 8. S. 28-48.
Joseph G. Schloss (2004): Making Beats. The Art of Sample-Based Hip-Hop. Middletown: Wesleyan University Press.